Besuch beim Landgericht

 

Nachdem ich ein Wochenende über das Urteil, die Wohnung zu räumen, nachgedacht hatte, beschloss ich, mich mit dem Sozialamt in Verbindung zu setzen, dieses müssten eigentlich doch eine Lösung für so einen Fall haben.

Vor allem für eine Psychologin, die diesen Ärger wirklich erst bekommen hatte, nachdem sie das örtliche Jobcenter in die Altenheime geschickt hatte und sie angefangen hatte, als Integrationslotsin für den Kreis zu arbeiten. Wie gesagt, ich war immer noch sauer auf so ein Deppenland, dass dann die Psychologin ohne Geld in der Scheiße sitzen lässt!

Immerhin hatte ich inzwischen meinen Mietvertrag für eine Wohnung in Rheinland-Pfalz bekommen, und wusste nun genau, welche Seite die wirkliche „ebsch Seit“ ist!

Es ging jetzt darum, eine Zwischenlösung für 3 Monate zu finden und zu versuchen, eine Beratung zu bekommen, um den Erfolg einer Berufung vor dem Landgericht zu prüfen.

 

Montagmorgen rief ich erst einmal beim Sozialamt an. Die Sachbearbeiterin war auch da, und ich erklärte ihr mein Problem:

„Ich bin jetzt zur Zwangsräumung verurteilt worden, und habe einen Monat Zeit, in Berufung zu gehen und meine Wohnung zu räumen. Heute werde ich mich erst einmal erkundigen, wie es mit der Beratungshilfe ist. Und ich möchte Sie fragen, wie es mit der Finanzierung einer Wohnung für die 3 Monate ist, die ich noch auf einen Mietvertrag warten muss?“

„Dass kann ich Ihnen nicht sagen. Erkundigen Sie sich erst einmal, dann sehen wir weiter. Gewöhnlich dauern solche Gerichtsverfahren sehr lange!“

Jetzt war ich doch leicht gereizt:

„Nun, das mit der Zwangsräumungsklage ist sehr schnell gegangen, und schließlich bin ich diejenige, die später die Gerichtskosten zahlen muss, nicht Sie! Daher wäre ich froh, wenn ich zumindest jetzt eine Lösung für eine Wohnung fände, die ich in einem Monat beziehen könnte.“

„Ich glaube nicht, dass das so dringend ist. Teilen Sie mir erst einmal mit, was das Gespräch mit dem Landgericht ergibt.“

„Da habe ich kein Problem mit, ich habe Sie nur angerufen, um Sie zu bitten, sich um die Finanzierungsmöglichkeit für eine Wohnung für die drei Monate zu kümmern. Schließlich hat der neue Eigentümer recht, und ich denke, da ist es auch an Ihnen, mir eine Handlungsmöglichkeit zu geben!“

„Bitte teilen Sie mir erst mal mit, was das Landgericht sagt!“, klang es gereizt aus dem Hörer zurück.

Also murmelte ich ein nettes: „O. K.!“, und „Auf Wiedersehen!“, ohne weiter zu diskutieren. Bei Beamten weiß man ja nie, wann sie beleidigt sind. und vielleicht ist es ja auch eine Beamtenbeleidigung, wenn man mal eine Beamtin auffordert, zu arbeiten.

 

Nun packte ich ein paar Butterbrote und meine Wasserflasche in den Rucksack, und begab mich zum Bahnhof, um nach Wiesbaden zu fahren. Dort angekommen, beschloss ich, erstmal meinen Morgenkaffee zu trinken, den ich in der Eile und Wut zu Hause vergessen hatte. Mit einem großen Becher Milchkaffee bewaffnet, machte ich mich dann auf den Weg zur Bushaltestelle und wartete auf den Bus, der zum Landgericht fuhr.

 

Dort angekommen stieg ich aus, und wanderte die breite Straße entlang, bis ich an dem großen modernen Gebäude angekommen war. Meinen Milchkaffee hatte ich immer noch in der Hand, und nahm von Zeit zu Zeit einen Schluck. Ich trat in die große Eingangshalle ein, und suchte erst einmal einen Informationsschalter. Den gab es nicht, nur eine lange Schlange von wartenden Personen vor einem länglichen Tisch mit Körperscanner, an dem jeder seine Sachen in einen Korb legen musste, um dann durch den Scanner zu gehen und schließlich nochmals von einem Beamten oder einer Beamtin mit der Hand abgescannt zu werden, falls man/frau beim Durchgehen doch einen Pieps hatte.

 

Also legte ich erst alle meine Habseligkeiten in das Körbchen, behielt aber den Kaffee mit den Worten: „Wenn der piepst, gibt es wirklich ein Problem!“ in der Hand und marschierte durch den Scanner.

Natürlich piepste es, und die Beamtin hinter dem Durchgang scannte mich dann nochmals mit einem Handgerät ab. Überrascht stellte ich fest, dass eine Naht von meiner Hose mit Metallnieten verziert war. So kann frau auch ihre Kleidung besser kennen lernen!

Am Ende fragte die Beamtin freundlich: „Können Sie noch einen Schluck aus Ihrem Kaffeebecher nehmen?“

Verblüfft blickte ich sie an, und antwortete: „Oi, auf die Idee wäre ich jetzt nicht gekommen!“

Ich nahm meinen Schluck, nach den ganzen Untersuchungen war ich eh schon durstig geworden und machte mich auf zur Information, und nachdem ich die Zimmernummer der Beratungsstelle genannt bekommen hatte, ging es hinauf in die obere Etage.

 

Dort irrte ich längere Zeit durch lange Gänge mit vielen Büros, fand aber glücklicherweise dann eine nette Beamtin, die mir den genauen Weg zu dem gesuchten Raum zeigte.

Die Beraterin erklärte mir, dass ich einen Prozesskostenantrag bei Amtsgericht in Rüdesheim stellen müsse, der Weg hierher also nicht nötig gewesen wäre, und bereichert um dieses neue Wissen fragte ich dann, was wäre, wenn das abgelehnt würde, und ich wieder zu spät erfahren würde, dass nun der nächste Gerichtstermin anstände.

Sie lächelte verschmitzt und wünscht mir viel Glück bei meinem Antrag beim Rüdesheimer Amtsgericht.

 

Als ich unten an bei den Kontrolleuren meinen Rucksack abholte, suchte die Beamtin ihn unter dem Tisch und reichte ihn mir freundlich zu.

Da ich etwas gereizt über die Antwort aus der oberen Etage war, meinte ich. „Hoffentlich haben Sie mir jetzt keine Bombe hinein getan!“

Die Beamtin guckte mich verdutzt an und sagte: „Nein, da brauchen Sie keine Angst zu haben!“

„Nun!“, antwortete ich, „Da haben Sie recht, mit all den juristischen Fallstricken, über die Sie verfügen, haben Sie das wirklich nicht nötig!“

 

Auf dem Heimweg musste ich an einen Literaturhinweis aus dem „Ostpreußischen Tagebuch“, dass ich im Moment wegen meiner Tätigkeit als Altenbetreuerin lese, denken: „Ich trug den gelben Stern!“, in dem auch die juristische Verfolgung einer Jüdin während der Nazizeit geschildert wird – anscheinend schien man diese Ideen heute noch anzuwenden!

 

Nachmittags, als ich dann wieder nach den Nachrichten die Warnung in den Verkehrsmeldungen hörte, dass ein Reifen auf der Fahrbahn liegt, dachte ich daran, dass eine solche Politik auch die Löhne der Beamten erhöht, die eine solche Regierung stützen, da sie auf jeden Fall aufpassen müssen, wo sie ihre Autos parken. An die Mär, dass solche Attacken immer Zufälle sind, glaube ich nicht immer.